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Zeitungsartikel in der Offenbach Post vom 18.1.2017

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Offenbach-Post 24.11.15

Jahresausstellung der Mühlheimer Künstlerwerkstatt
Die vielen Wege zur Kunst

Mühlheim - Wer im Sommer grübelt, was er Freunden und Bekannten zu Weihnachten schenken kann, soll lieber entspannt den November abwarten. Auf der großen Jahresausstellung der Mühlheimer Künstlerwerkstatt ließ sich auch diesmal leicht etwas finden.

Von Stefan Mangold

Es gibt sie, die Menschen mit zwei linken Händen, für die es ein Alptraum wäre, kein Buch oder einen Gutschein schenken zu dürfen, sondern selbst etwas basteln zu müssen. Für die 23 Vertreter, die in der Willy-Brandt-Halle ihre Stände aufbauten, stellt das im wahrsten Sinne des Wortes eine lockere Fingerübung dar. Für handwerkliche Analphabeten mutet es hingegen wie Hexenwerk an, wenn Ulla Wittkamp wie aus dem Nichts eine große Schale produziert.
Wittkamp führt seit zwei Jahren den Vorsitz der Mühlheimer Künstlerwerkstatt, die am Wochenende zu ihrer nun schon 40. Jahresausstellung in die Willy-Brand-Halle einlud. Bürgermeister Daniel Tybussek erschien als Schirmherr.

 Das Ziel vor Weihnachten besteht natürlich nicht nur darin, das Ergebnis des eigenen Schaffens zu zeigen, sondern Bilder, Skulpturen oder auch gehäkelte Kopfbedeckungen über den Tresen gehen zu lassen. Die Künstlerwerkstatt bietet eine entspannte Plattform, um sich rechtzeitig vor Weihnachten und ohne Stress um Geschenke zu kümmern.

Viele, die hier ausstellen, entdeckten erst in späteren Jahren den Künstler in sich. Ulla Wittkamp (71) erzählt, wie sie als Kind mit den Jungs draußen kickte und keineswegs auf die Idee kam, Töpfern könnte etwas für sie sein. Heute bietet sie Kunst- und Gebrauchsgüter an, besagte Schalen oder auch eine Figur, die sich im Auge des Betrachters zu drehen scheint. Die Idee sei ihr in Rheinberg bei Düsseldorf gekommen, wo Wittkamp mit ihrer Familie lebte. Der Nachbar war Keramiker. Von ihm lernte sie ihre Kunst.

Auf gänzlich anderen Wegen kam die Rodgauer Bildhauerin Gertrud Stemper zu ihrem Metier. Offen erzählt die 58-Jährige vom Aufenthalt in einer psychosomatischen Klinik vor 13 Jahren, als ihr Leben in Folge einer Trennung die Balance verloren hatte. In der Klinik entdeckte Stemper den Speckstein als Material, um sich auszudrücken. Seitdem bleibt sie einer Linie treu: Sie zeigt Menschen, wie Steine wirken, die sie zum Teil in ihrer Urform belässt. Stemper erzählt, wie damals Ärzte fragten, ob sie bestimmte Skulpturen haben dürften.
Die Künstlerin spricht einen Akzent, der ein wenig nach bayerisch klingt. Stemper wuchs in Rumänien auf, als Banater Berglanddeutsche. Ihre Heimat verließ sie mit 22 Jahren. Durch die Familienzusammenführung, wie damals der offizielle Terminus lautete. Sie hatte einen Bundesdeutschen kennen gelernt. Stemper erinnert sich an die Fahrt mit ihrem Gatten im Auto, an den Übergang von Ungarn nach Österreich in den Grenzort Nickelsdorf. „Dort brannte nachts Licht. Auf der Straße standen Autos.“ Die hätten in der rumänischen Mangelwirtschaft so ungeschützt ihre Reifen und Lampen verloren.

Wenn Stemper den Grund erzählt, warum sie sich als Bildhauerin ausschließlich auf den Menschen konzentriert, klingt das nahe an dem, was auch andere berichten, die im Osten aufwuchsen. „Der Zusammenhalt war enorm“, blickt die Frau zurück, „bei uns noch mehr, weil wir einer Minderheit angehörten“.

Am Eingang des Foyers stellt Gerhard Müller zwei Akte aus. Auf dem einen sind die Körper drei junger Frauen zu sehen, auf dem anderen ein Mann. Die Malerin Barbara Lotz nimmt die Veilchen, Schneeglöckchen oder auch ein Mädchen am Klavier als Motiv, hinter dem die Mutter in die Noten blickend steht, beide in roten Kleidern. Auch Karl-Christian Schelzke stellt großformatig aus. Der einstiger Mühlheimer Bürgermeister fotografierte in der Waschanlage aus dem Autofenster.